Wattlaufen / Wattwandern macht Spaß und ist gesund
Man kann (fast) überall an der Küste zwischen Dollart und Elbe wattlaufen. Die niedersächsische Nordseeküste – bekannt als “Südliche Nordsee” – verfügt über die weltweit mit schönsten und größten Wattengebiete.
Inhaltsübersicht
Was ist “Watt” und “Ebbe und Flut”?
Als Watt bezeichnet man den freigelegten Meeresboden, je nach Region also Sandwatt oder Schlickwatt. Dieses “Freilegen” geschieht durch Ebbe und Flut, also dem Zurückweichen und Wiederkommen des Wassers, in erster Linie bedingt durch die Anziehungskraft des Mondes und der Sonne.
Etwas vereinfacht ausgedrückt: Die Anziehungskraft des Mondes und der Sonne bewirkt, dass das Wasser weltweit zwei kleine “Hügel” bildet – nur etwa 30 cm hoch im Durchschnitt. Diese “Beulen” auf der Erde wandern je nach der Stellung der Himmelskörper in ca 24 Stunden mit jeweils etwas veränderter Höhe immer um den Globus.
Warum gibt es Ebbe und Flut?
Nun, alle 12 Stunden kommt das Wasser und guckt nach, ob die Ostfriesen noch da sind. Und dann haut es natürlich sofort wieder ab …
In den flacheren Gewässern, vor allem aber im “Trichter” der deutschen Nordseeküste sammelt sich das Wasser dieser eigentlich wenig hohen “Beulen” und läßt den “Tidenhub”, also den Unterschied zwischen niedrigem und hohem Wasser auf ca. 3 – 4 m ansteigen. (Noch viel höher ist der Tidenhub am Trichter, den die englische und die französische Küste bilden. Dort beträgt er bis zu 13 m! Das ist etwa 1 m in einer halben Stunde!
Das Watt ist ein unglaublich wichtiger Lebensraum für zahlreiche Vögel: Sie suchen hier ihre Nahrung und finden Rastplätze auf dem Zug. Das Watt ist so anziehend für viele sehr seltene Vögel, dass Sie manchmal ein Drittel der gesamten Weltpopulation einer Vogelart versammelt sehen können. Lassen Sie sich also bitte nicht von den scheinbar “riesigen” Vogelschwärmen täuschen.
Besonders eindrucksvoll kommt der Tidenhub in einigen kleinen Fischereihäfen zum Ausdruck: Die Fischkutter liegen manchmal völlig auf dem Trockenen – tief unter Ihnen – und schwimmen wenige Stunden später wieder in Augenhöhe von Ihnen im Hafen. Gelegentlich soll es vorkommen, dass unerfahrene Freizeitkapitäne ihre Boote bei Flut an zu kurzen Leinen festmachen und sich wundern, dass ihr Boot an der Kaimauer hängt, wenn sie ein paar Stunden später vom Landspaziergang kommen….
Warum ist Wattwandern gesund?
Wattwandern gilt als gesundes und preiswertes Urlaubsvergnügen: Der Schlick massiert die Fuß-Sohlen, die reine, jodhaltige Luft ist gut für die Atemwege. Die Mineralstoffe, Spurenelemente und Salze im Schlick und im Nordseewasser haben vielfältige Heilwirkung und bei manchem Physiotherapeuten müssen Sie viel Geld für eine ähnliche Behandlung bezahlen.
Es ist aber nicht jedermanns Sache, barfuss zu laufen und an manchen Stellen ist es auch nicht ratsam: Schnitte im Fuß durch Muschelschalen können unangenehm sein. Wägen Sie diese Gefahr ab gegen das Vergnügen einer Fußmassage.
Wer nicht im “Modder” gehen mag, sollte das feste Sandwatt vorziehen.
Was gibt es für Gefahren beim Wattwandern?
Wattlaufen birgt Gefahren, die Sie realistisch einschätzen sollten: Nicht unterschätzen, aber auch keine Panikmache!
- Kleine Gefahren sind Muschelschnitte, Sonnenbrand durch die bes. Lichtreflexion, Ermüdung, weil man die Entfernung unterschätzt etc.
- Große Gefahren entstehen durch Leichtsinn, Unkenntnis und Selbstüberschätzung. Diese Gefahren können tödlich sein und sind es auch jedes Jahr für mehrere Wattwanderer!
Die Gefahr besteht durch die aufkommende Flut und gelegentlich durch sehr plötzlichen Nebel, in dem Sie fast immer die Orientierung verlieren (Selbst für Einheimische ist dieser Nebel eine ernste Gefahr) Wir schreiben hier nicht mehr darüber, weil man das erlebt haben muss, um es zu glauben.
Den Umgang mit der Flut lernen
Das Watt ist ja sehr flach, die Neigung zum offenen Meer hin kaum wahrnehmbar (in den weiten Watten vielleicht 4 m Höhenunterschied auf 10 Kilometer) Das Wasser kommt also sehr plötzlich und evtl. von allen Seiten zugleich! Besonders tückisch ist es, wenn flache Senken im Watt sind (und diese sind oft direkt vor dem rettenden Ufer.) Diese Senken und Priele laufen dann voll, während Sie evtl. einen Kilometer weiter draußen noch völlig im Trockenen stehen. Bis Sie merken, dass die Flut kommt, hat sich evtl. ein schon über einen Meter tiefer Strom gebildet, den Sie kaum noch passieren können. Das Ufer ist nur 200 m entfernt und Sie kommen nicht hin! Vielleicht noch mit einem Kind auf dem Arm und einem panischen Partner! Dieses Szenario ist leider nicht so selten; die Rettungswachten können Ihnen ein Lied davon singen!
Diese Senken und Priele verändern ihren Lauf das ganze Jahr über und auf Ihre “Kenntnis vom letzten Jahr” können sie sich schon gar nicht verlassen.
Wichtige Tipps zum Wattwandern
- Nehmen Sie als Ortsunkundiger lieber an einer geführten Wattwanderung teil. Die werden von nahezu allen Küstenorten angeboten. Man wird Ihnen dabei auch viel erklären, es macht in der Gruppe Spaß und mit einem geprüften Wattführer kann Ihnen kaum was passieren: Diese Leute haben nicht nur eine große Erfahrung, sondern auch die Mittel (GPS-Sender, Funk etc.), um im Notfall (Herzkollaps!) Hilfe herbeizuholen, die Sie ggf. per Hubschrauber rausholt.
- Beginnen Sie die Wanderung nicht bei Ebbe, dann laufen Sie in die Flut rein. Gehen Sie hinter dem ablaufenden Wasser her!
- Hören Sie sorgfältig zu, wenn Einheimische Ihnen abraten, ins Watt zu gehen: Die kennen das Wetter und sehen die Gefahren, wenn Sie noch an Sonnenschein glauben.
- Baden Sie niemals bei ablaufendem Wasser im Priel: In den Prielen, also den “Flüssen” im Watt, durch die das Wasser ins offene Meer strömt, herrschen oft sehr starke, vor allem aber unberechenbare Strömungsverhältnisse. Ihre nächste Station könnte Amerika sein (Es werden tatsächlich manche leichtsinnigen “Prielschwimmer” nie wieder gefunden)
- Gehen Sie nicht alleine ins Watt, auch wegen der Verletzungsgefahr.
- Beachten Sie die Hoch- und Niedrigwasserzeiten und nehmen Sie eine Uhr mit. Auch Ihr Handy – wasserfest verpackt – sollte zur Ausrüstung gehören und eine Kleinigkeit zu essen (Unterzuckerung).
- Achten Sie auf die optischen (aufgezogene Bälle) und akustischen Warnsignale vom Ufer her: Das Tuten und Rufen vom Ufer könnte Ihnen gelten!
- Also: Haben Sie Respekt vor diesem ungewöhnlichen Lebensraum, aber keine Angst. Wer sich umsichtig verhält und z. B. auf Rufweite in Ufernähe bleibt und sich so verhält “wie die anderen”, der wird nur Freude am Wattlaufen haben.
(Alle Angaben ohne Gewähr)